2021 – Rudolf Mitlöhner


// Viel tun, damit das Land in guter Verfassung bleibt //

Von der Schönheit unserer Verfassung hat der Bundes­präsident gesprochen. Das war im Gefolge der eher unschönen Ibiza-Affäre. Aber diese Tage und Wochen waren wie nie zuvor solche des Staatsoberhauptes. Alles blickte auf den Mann in der Hofburg und dieser fand, wer will es ihm verdenken, sichtlich Gefallen daran. Und ja, Alexander Van der Bellen hat damals durchaus bella figura gemacht.
Mittlerweile ist es wieder ruhig um ihn geworden und von der Schönheit der Verfassung redet auch niemand mehr. Und auch das dürfte UHBP nicht ungelegen kommen.
Die Ereignisse vom Mai bis zu den Wahlen Ende Sep­tem­ber 2019 wirken – trotz versuchter Aufarbeitung via U-Ausschuss – unendlich weit weg. Ibiza ist jetzt Corona. Ein unscheinbares unheimliches Virus hat die in ganz anderer Weise ebenfalls unheimlichen Vorkommnisse auf der kleinen Balearen-Insel in der öffentlichen Wahr­nehmung überlagert.
Über die Maßnahmen zur Bekämpfung der durch das Virus ausgelösten Pandemie wird seither heftig diskutiert. Was – von Verschwörungstheorien an den Rändern des Spektrums einmal abgesehen – durchaus ein gutes Zeichen ist. Auch da ist wieder die Verfassung ins Spiel gekommen. Deren höchstgerichtliche Hüter befanden zwei der einschlägigen Verordnungen für nicht rechtmäßig, was man als „juristische Spitzfindigkeit“ abtun kann – oder aber als Schuss vor den Bug angesichts einer insgesamt eher abenteuerlichen juristischen Performance der Regierung, ins­besondere des Gesundheitsministers.
In diesem Fall hat übrigens Van der Bellen die Schönheit der Verfassung nicht gelobt.
Alles in allem freilich hat sich das Land in der Coronakrise in durchaus guter Verfassung gezeigt. Es war dies indes auch eine Ausnahmesituation, welche den politisch Ver­ant­wortlichen die normalen politischen Mühen der Ebenen erspart hat (ungeachtet der enormen Herausforderungen in der Krise). Wie es dann in der Post-Corona-Zeit aussieht, wie und ob sich das Beste aus zwei Welten zu einem frucht­baren Ganzen zusammenfügt, bleibt abzuwarten. Damit das Land in guter Verfassung bleibt, wäre jedenfalls viel zu tun.


Über Rudolf Mitlöhner

Studium der kath. Theologie in Wien und Graz, anschl. Bildungsreferent in der Katholi­schen Hochschulgemeinde Graz. Seit 1994 journalistisch tätig, erst bei der „Kleinen Zeitung“ (Außenpolitik), dann bei der „Furche“ (Politik), 1999 bis 2001 stv. Ressortleiter Kultur bei der „Presse“, 2001 bis 2019 stv. bzw. Chefredakteur der „Furche“, seit 2019 stv. Ressort­leiter Innenpolitik beim „Kurier“.