// Krise und Verfassung //
Das Jubiläumsjahr 2020 brachte im Zuge der Krise rund um den neuartigen Coronavirus die intensivsten Grundrechtseinschnitte der Zweiten Republik mit sich. Zum ewigen Balanceakt zwischen Freiheit und Sicherheit ist mit der Gesundheit eine neue Dimension dazugekommen. Wie viel wollen und können wir als Gesellschaft aufgeben, um unmittelbare und mittelbare negative Auswirkungen auf unsere Ordnung hintanzuhalten? Wie regiert es sich mit und gegen generalisierte Angst, die von überlasteten Spitälern, dem medizinethischen Schreckenskonzepten wie „Triage“ bis hin zur Sorge vor einem Zusammenbruch von Versorgungsketten und Plünderungen reicht?
Wir haben in den Wochen nach jenem schicksalshaften 13. März 2020, an dem die Republik in den „Standby-Modus“ versetzt wurde, gesehen, wie schnell eine Gesellschaft in einen Zustand kollektiver Quasi-Isolation versetzt werden kann, um sich bald darauf wieder einer „alten Normalität“ anzunähern. Wir haben uns über große Begriffe wie „systemrelevant“ Gedanken gemacht, die bei so manchen – so auch beim Verfasser dieser Zeilen – das Bild der eigenen gesellschaftlichen Rolle durchaus ins Wanken gebracht hat.
Anlass genug, einmal mehr manch große Fragen zu stellen. Noch schöner wäre es freilich, die ein oder andere Antwort zu finden.