2021 – Georg H. Jeitler


// Brave New Work: Gedanken zur Risikolage der Wirtschaft rund um flexible Arbeit //

Eine neue Arbeitswelt hat durch Covid-19 vielerorts Ein­zug gehalten und ist nun plötzlich die neue Normalität. Grundsätzlich eine begrüßenswerte Entwicklung, doch wie steht es um das Risikobewusstsein in Österreichs Wirt­schaft? Steigende Zahlen zu Cyberkriminalität sind seit Monaten in den Medien, die – oft erst später entdeckte – allgemeine Wirtschaftskriminalität wird folgen. Warum? Weil Prozesse – anders als so manches IT-System – oft nicht erneuert, sondern angepasst oder gar gelockert wurden, um die Betriebsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Zahlungs­frei­gaben erfolgen per E-Mail, Daten werden per Mail versandt und am Heimcomputer gespeichert, sensible Unterlagen in großer Menge mit nach Hause genommen und vieles mehr. Österreichs Wirtschaft ist da­durch verwundbarer als je zuvor, und das sogar ohne, dass ein Täter je physisch anwesend ist. Selbst existenzielle Bedrohungen im IT-Bereich werden von vielen Betrieben immer noch klein geredet, organisatorische Risken – die auch Innentäter motivieren können – stehen überhaupt an letzter Stelle. Durch geteilte Verantwortlichkeiten sind große Organisationen oftmals besonders exponiert.
Was braucht es? Bewusstseinsschaffung und Unterstützung. Der Cybersecurity-Bereich wird durch die Investitionsprämie – vorübergehend – explizit gefördert, jedoch nicht die oftmals teureren Investitionen für Beratung und Sicher­heits­checks, da diese nicht aktivierbar sind. Noch wichtiger ist jedoch die Bewusstseinsschaffung. Die Dunkel­ziffer im betreffenden Bereich ist enorm hoch: Anzeigen müssen endlich via Handy­signatur (statt physisch am Polizeiposten) niederschwellig möglich werden – so wird sichtbar, welche Taten zunehmen und die organisiert vorgehenden Täter können effizienter verfolgt werden. Eine Behörde nach dem Zuschnitt des deutschen BSI soll dem­nächst ins Leben gerufen werden. Wichtig wird es sein, hier kein Silodenken walten zu lassen, und die heute mit IT eng verbundene Wirtschaftskriminalität mit­zuberücksichtigen.


Über Georg H. Jeitler

Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger in der Aufarbeitung von Korruptions-Großkomplexen für die öster­reichische Justiz und Partner im internationalen Wirtschafts­prüfungs- und Beratungsunternehmen Grant Thornton. Als Experte für Wirt­schafts­kriminalität Berater für Compliancesysteme und bei akuten Vor­fällen. Lehr­aufträge u.a. an der Johannes-Kepler-Universität Linz und mehreren Fachhochschulen. [Foto: © Joachim Haslinger]