2021 – Hannes Androsch


// Besonderer Schwerpunkt Bildungswesen //

Zum 75. Bestandsjubiläum hatte die Zweite Republik 2020 sicherlich Grund, ihre Entwicklung in diesem Zeitraum mit großer Freude zu feiern. Es war eine zu Beginn nicht vorstellbare Erfolgsgeschichte. Dies wird umso deutlicher, wenn man einen Vergleich mit den davor hergegangenen 75 Jahren anstellt. Es ist eine Erfolgsgeschichte, auch wenn wir in letzter Zeit in wichtigen Bereichen nicht mehr so recht weiter­gekommen sind und neue Herausforderungen wie Bewältigung der Digitalisierung, Meisterung des demo­grafischen Wandels und Eindämmung der Klima­erwärmung, also die Notwendigkeit der Dekarbonisierung, hinzugekommen sind.
Durch den Schock der Covid-19-Pandemiekrise sind neue tiefgreifende Probleme und damit Herausforderungen sowie Aufgaben zu ihrer Lösung hinzugetreten. Dies verlangt einerseits, alles zu tun, um den Nachhol- und Aufholprozess auf den Weg zu bringen und andererseits, die Auswirkungen der Coronakrise, vor allem im Bereich des Bildungswesens und der Wirtschaft, zu überwinden sowie bestmögliche Vorkehrungen für mögliche künftige Katastrophen oder Pandemien zu treffen. Es wäre zweck­mäßig, diese vielfältigen und komplexen Aufgaben in einem Gesamt­konzept entsprechend zu verbinden und zusammenzufassen.
Kurzfristig ist es notwendig, die zum Stillstand gebrachte Wirtschaft durch Liquiditätshilfen am Leben zu erhalten. Weiters ist ein entsprechendes Konjunktur- und Zukunfts­programm erforderlich, um drohende Auftrags­löcher zu ver­meiden und zur Strukturverbesserung und Wett­be­werbs­stärkung sowie Erhöhung der Standortattraktivität bei­zutragen. Ein solches Programm sollte Investitionen in das Bildungswesen, in die Universitäten, in die Grund­lagen­forschung oder in den Ausbau der digitalen Infrastruktur umfassen.
Ein besonderer Schwerpunkt sollte endlich auf dem Bil­dungs- und Schulwesen liegen, um es aus der schuli­schen Kreidezeit in das digitale Zeitalter zu bringen. Dazu gehören ganztägige frühkindliche und elementar­päda­go­gische Betreuung sowie autonome Ganz­tags­schulen. Diese müssten mit Smartboards in den Klassen, Dienst­tablets für die Lehrer, Clouds und Serverkapazität in den Schulen ausgestattet sein. Die Schüler müssten in kürzest­möglicher Zeit Tablets oder Laptops, E-Mail-Konten sowie ihre Elternhaushalte Internet-Anschlüsse erhalten.
Somit gilt es, aus der entstandenen Not eine Tugend zu machen, indem die bestehenden Probleme als Chance verstanden werden und rasch zukunftsfähige Lösungen in die Umsetzung gebracht werden. Dafür ist es erforderlich, unnötig geschürte Ängste zu überwinden und stattdessen Zuversicht, Hoffnung und Optimismus zu schaffen.


Über Hannes Androsch

Ehem. Vizekanzler und Bundesminister, ehem. Generaldirektor der Credit­anstalt, seit 1989 als Industrieller tätig, u.a. Auf­sichts­rats­vor­sitzender AT&S, der Salinen Austria und EUROPTEN. Initiator des Bildungs­volksbegehrens und Aufsichtsratspräsident des AIT Austrian Institute of Technology. [Foto: © AIC, Photo Simonis]