// Kunst und Kultur sind „systemrelevant“ //
Klassische Musik spielt für die Identität Österreichs eine bedeutende Rolle. So vermitteln auch Menschen, die kein Instrument spielen oder beispielsweise in einem Chor singen, oftmals den Eindruck, stolz darauf zu sein, dass „wir“ in Europa und in der Welt für „unsere“ Musik so berühmt sind. Österreich hat führende Opernhäuser und Orchester, eine exzellente Festivalszene und der Ruf der heimischen Musikuniversitäten ist so hervorragend, dass sich jährlich Studienwerber*innen aus der ganzen Welt bemühen, einen der wenigen Plätze zu ergattern. Also alles bravissimo?
Die Covid-19-Pandemie hat uns die enorme Verletzlichkeit des Kulturbetriebs und seiner handelnden Personen vor Augen geführt. Am auffälligsten zu Tage getreten ist die prekäre soziale Situation von zahllosen freiberuflichen Musiker*innen, ohne die ein Großteil des regionalen Kulturbetriebs undenkbar wäre. Ohne fixe Anstellung und ohne Anspruch auf Sozialleistungen waren sie plötzlich in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet. Gesamtgesellschaftlich zeigte sich diese Verletzlichkeit in der (mangelnden) politischen Aufmerksamkeit nach dem Shutdown, die in Konzerten und Theatervorstellungen mehr die epidemiologische Gefahr als ein menschliches Grundbedürfnis zu sehen schien.
Plötzlich war nur relevant, was der Wirtschaft dient. Die Versuche des Kulturbetriebs, sich daher über seine Umwegrentabilität zu rechtfertigen (was formidabel gelang), griffen zu kurz. Die Bedeutung der Kunst erschöpft sich nicht darin, dass sie bereits über den Tourismus mehr einbringt, als sie an Förderungen kostet.
Die Beziehung zwischen den Menschen und ihrer Musik ist per se ein schützenswertes Gut! Musik in körperlicher Präsenz gemeinsam zu erleben hat eine verbindende Kraft, die unsere Gesellschaft heute mehr denn je braucht. Wenn Kulturpolitik sich nicht auf Förderpolitik beschränkt, sondern darüber einen gesellschaftlichen Konsens zu erreichen vermag, wird Kunst und Kultur plötzlich „systemrelevant“.
Und vergessen wir nicht, für die soziale Absicherung der freiberuflichen Musiker*innen zu kämpfen, weil sie ein unverzichtbares Service für die Gesellschaft bieten. Covid-19 hat Konkurrent*innen zusammengebracht, so war etwa die Gründung der Interessensgemeinschaft der freiberuflichen Musiker*innen – ein erster, wichtiger Schritt.