// Die Phantasie mobilisieren //
„Wie verfasst sind Europa und Österreich heute?“ Eigentlich bestreitet niemand, dass gegenwärtig der alte Kontinent und unsere Heimat nicht mehr so verfasst sind, wie sie es doch geraume Zeit waren. Begründungen dafür sind überflüssig, denn die Pandemie wird gespürt, aber auch schon vorher war manches anders: Globalisierung und Marginalisierung Europas, wirtschaftlicher und technologischer Wandel, soziale Veränderungen, aber auch Verwerfungen durch Migration, aber auch geistige Unsicherheiten etc. bestimmen unsere Befindlichkeit. Mich „begeistert“ die Sehnsucht nach Normalisierung, wobei eigentlich niemand sagen kann, was heute normal wäre. Wer glaubt, dass eine Welt wiederkommt, die der vor der Pandemie ähnelt, ist naiv oder aus der Zeit gefallen…
Die eigentliche Frage ist, ob wir Formen des politischen, geistigen und sozialen Lebens finden, die den Veränderungen gerecht werden und der conditio humana entsprechen. Alles andere würde in Chaos, Krieg und Selbstzerstörung landen… Wir reden gerne von den Werten, tun uns aber unendlich schwer, sie zu beschreiben und umzusetzen. Was ist Fortschritt heute, was versteht man unter Zufriedenheit und Glück? Finden wir trotz der allgemeinen Logorrhoe noch die Sprache füreinander? – Jede Menge Fragen, die wir uns stellen müssen, weil sie wirklich bestehen.
Kein Grund für ein Untergangsszenario, denn ÖSTERREICH lebt immer noch gut und Europa hat alle Voraussetzungen, das zu bewältigen, wenn – ja, wenn wir wollen…
Wollen wir? Diese Frage richtet sich nicht nur an die Politik, sondern ist eine gesellschaftliche Herausforderung! Dazu müssen wir vermehrt die Gabe der Unterscheidung der Geister entwickeln, die Phantasie mobilisieren – und Freude daran haben. Jeder redet von Krise, aber sie wird nicht als Chance begriffen! Angelus Silesius verdanken wir den Zuruf „Mensch, werde wesentlich“ – das gilt heute mehr denn je und ist eine spannende Herausforderung! Wer hindert uns daran?