// Vordenken „Made in Austria“ //
Es sind Ereignisse wie die Covid-19-Krise oder auch disruptive Entwicklungen wie die Digitalisierung, welche den Bedarf nach innovativem Denken sprunghaft erhöhen. Und es sind die gleichen Ereignisse und Entwicklungen, bei denen Österreich sich wiederholt als Vordenker in Europa herausgestellt hat, und dies nicht nur bei der raschen und beherzten Bekämpfung der Pandemie – wie die deutsche Bundeskanzlerin Merkel im April 2020 mit anerkennendem Unterton bemerkte: „Österreich war uns immer einen Schritt voraus.“ Es dürfte auch kein Zufall sein, dass sich die deutsche Bundesregierung gerade bei digitalen und anderen Zukunftsthemen oft und gerne in Österreich bedient. Drei von neun Mitgliedern des deutschen Digitalrats stammen ursprünglich aus Österreich, eine von zwei Vorsitzenden der Datenethikkommission kommt von der Universität Wien. Bei der EU-Kommission sieht es nicht anders aus: Eine Expertengruppe zur Haftung bei Künstlicher Intelligenz und anderen neuen Technologien etwa, die eigentlich dem Proporz zwischen den (seinerzeit noch) 28 EU-Staaten verpflichtet gewesen wäre, weist von 16 Mitgliedern drei aus Österreich auf. Und auch das renommierte American Law Institute (ALI) wählt für sein einziges digitales Projekt einen der beiden Reporter aus Österreich. Unter der österreichischen Ratspräsidentschaft ist es nach acht Jahren des Ringens endlich gelungen, ein digitalisiertes Kaufrecht in Europa durchzusetzen, das vor der Vernetzung vieler Verbrauchsgüter nicht länger die Augen verschließt und das sich so drängenden Fragen wie Updates für eingebettete Software widmet – auf der Grundlage wissenschaftlicher Entwürfe aus Österreich, die im Umfeld des European Law Institute (ELI) entstanden sind. Die Liste ließe sich fortsetzen. Dieser ebenso erfreuliche wie frappierende Befund spiegelt sich allerdings nicht immer in einer entsprechenden Selbsteinschätzung in Österreich wider. Lässt man etwa Journalistenfragen Revue passieren, die einem gestellt werden, dann ist da viel von Resignation die Rede und vom angeblichen Hinterherhinken hinter den Anderen, gerade in digitalen Fragen. Und in Arbeitsgruppen (etwa zur Umsetzung von Richtlinien) hört man noch allzu oft, dass doch wohl nicht ausgerechnet Österreich berufen sei, einen innovativen Alleingang zu starten. Diese Einstellung muss sich ändern. Österreich ist geradezu prädestiniert, Brücken zu schlagen zwischen Ost und West, Nord und Süd, und Österreich eignet sich aus verschiedenen Gründen hervorragend als Denkwerkstatt für ganz Europa und darüber hinaus: Vordenken „Made in Austria“ sollte eine der zentralen Devisen für das kommende Jahrzehnt sein.