// Für einen sachorientierten Diskurs //
„In welcher Verfassung ist Österreich?“ – eine entscheidende und niemals final beantwortbare Frage. Auch im Lichte mancher Kritikpunkte und immer wieder neu auftauchender, nicht antizipierbarer Herausforderungen, kann man diese Frage berechtigt mit „in ziemlich guter“ beantworten. Das gilt sowohl in international vergleichender Betrachtung als auch mit Blick auf die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten.
Österreich gehört zu den wohlhabendsten und prosperierendsten Staaten der Welt und – viel wichtiger – unser Land ist eine resiliente, vitale Demokratie, die auf dem Fundament eines liberalen Rechtsstaates, einem starken Sozialstaat und einer offenen Gesellschaft aufbaut. Das sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern sie verlangen ständiges Bemühen, Wachsamkeit, Reflexion, Zivilcourage und entschiedenes Eintreten für diese grundlegenden Errungenschaften und Werte.
Die österreichische Bundesverfassung ist unabdingbare Voraussetzung für unser Leben in Frieden und Freiheit. Sie hat sich gerade in schwierigen Ausnahmesituationen der letzten Jahre bestens bewährt. Aber der Verfassung kann nur dann voll entsprochen werden, wenn alle verfassungsgemäß berufenen Organe und Akteure besonnen und verantwortungsbewusst im Sinne des Gemeinwohls handeln. Auch die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes in wichtigen sensiblen Fragen möchte ich hervorheben.
Für uns als Demokraten ist es imperativ, dass die schwierigen Fragen unserer Zeit im konstruktiven Geist mit Sorgfalt erörtert werden; denn es sind rechtlich, politisch und ethisch komplexe Spannungsfelder. Die Digitalisierung als Megatrend mit ihrem tiefgreifenden Einfluss auf alle Bereiche der Gesellschaft führt zu dringlichen Fragen und notwendigen Abwägungen. Darunter beispielsweise die Abwägung zwischen Grundrechten, etwa dem Schutz der Privatsphäre – insbesondere in Zeiten von sozialen Medien – einerseits und öffentlichen Interessen an Information oder an Gesundheit andererseits.
Aber auch seit Jahrzehnten bekannte Diskussionsthemen haben neue Aktualität erhalten. Der Staat, die öffentliche Verwaltung und die Justiz sind ebenfalls dazu angehalten, bestehende Prozesse anzupassen und zu optimieren. Die oberste Prämisse muss stets Transparenz, Unabhängigkeit und der Dienst an den Menschen sein.
Es liegt in unser aller Interesse, den Diskurs in allen Bereichen, sei es Digitalisierung, Klimaschutz, Migration und Integration oder Pandemiebekämpfung, sachorientiert, vorurteilsfrei und ergebnisoffen zu führen. Die gute Verfassung unseres Landes hängt von jeder und jedem Einzelnen ab. Die dritte Konferenz „Österreich 22“ möge in diesem Sinne wichtige Impulse setzen!