„Regulierte“ Wissenschaft – eine Polemik
„Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei“, heißt es seit 1867 in Art 17 StGG. Die österreichische Wissenschaftsfreiheit gehört zu den am strengsten geschützten Grundrechten überhaupt, sind intentionale Eingriffe doch schlechthin verboten und unterliegen nicht-intentionale Eingriffe immerhin einer Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Gleichwohl erfahren Wissenschaftler – nicht nur in Österreich – eine immer enger werdende Korsettierung ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit. Schärfster Feind der Wissenschaftsfreiheit scheint dabei nicht einmal das Fehlen finanzieller Ressourcen zu sein, über das allenthalben am lautesten geklagt wird. Vielmehr ist es ein Regulierungszwang, der, aus dem Ökonomischen kommend, ins Wissenschaftsrecht übernommen, dort aber geradezu entfesselt wurde: ein hemmungsloser Ausbau universitärer Bürokratien, die Forschende und Lehrende, statt sie zu entlasten, zu hauptamtlichen Verwalterinnen und Verwaltern machen; Evaluierungen samt Evaluierungen der Evaluierungen, als zeitaufwändige Rituale so genannter „Qualitätssicherung“; ein Wildwuchs an peri-, meta- und parauniversitärem Soft Law; der Zwang zur Aufnahme in Indices und Rankings mit höchst fragwürdigen Parametrierungen; die Abhängigkeit von Geldgebern und Fördermitteln, die Themen und Inhalte wissenschaftlicher Forschung bestimmen.
Neben diese „äußere“ Regulierung tritt zudem noch eine „innere“, getragen von Scientific Communities, deren Korrektheitsmythen im unabhängigen Peer-Review beginnen und im Danksagungskartell enden.
Eine derart „regulierte“ Wissenschaft ist weder frei noch imstande, kritisches und originelles Denken weiterzuentwickeln. Dringend gefordert sind Universitätsleitungen, Ministerium und Gesetzgeber, letztlich aber auch die Scientific Communities weltweit, verantwortungsvolle Maßnahmen wissenschaftlicher Deregulierung zu ergreifen.