2016 – Input / Allgemein – Udo di Fabio


„Das Wertefundament Europas – worauf bauen wir auf, wohin entwickeln wir uns?“

Seit der Weltfinanzkrise ist der Westen ange­schlagen. Das Weltfinanzsystem hat sich aus­weislich der Notenbankpolitik noch nicht erholt, die europäische Integration und die Gemein­schaftswährung sind in erhebliche Turbulenzen geraten. Auch geopolitisch und militärisch wird der Westen durch Russland und China heraus­gefordert, er ist nicht in der Lage im Nahen Osten für stabile Verhältnisse zu sorgen und kann sich seines türkischen NATO-Partners nicht mehr gewiss sein. Die Migrationskrise hat ein weiteres Mal das westliche Selbstvertrauen und die Fähigkeit zur praktischen Problemlösung auf eine Probe gestellt. Populistische Bewegungen sind in Europa und den Vereinigten Staaten zu wichtigen politischen Faktoren geworden und lassen die Zukunft des politischen Systems west­licher Demokratien als nicht mehr über jeden Zweifel erhaben erscheinen. In diesem euro­päi­schen und globalen Kontext lohnt es sich viel­leicht besonders, mit einem Blick von außen auf die öster­reichische Republik zu schauen.

Seit dem Bei­tritt zur Europäischen Union und seit dem Zerfall Jugos­lawiens hat sich die Alpen­republik in den Kreis anerkannter internationaler Akteure wieder mit eigenen Auffassungen und poli­tischen Orientierungen eingebracht.

Für Öster­­reich war der Beitritt zur Europäischen Union ein wirt­schaftlicher und politi­scher Erfolg, aber inzwischen mehren sich auch hier kritische Stimmen bis hin zur Ablehnung bislang vor­herr­­schender Entwicklungsrichtungen. Für die Zukunft Österreichs und der EU dürfte es von ent­­scheidender Bedeutung sein, ob sich in den politischen Primärräumen der Mitgliedstaaten aus­­reichende Kompetenzen zur Selbstgestaltung ein­schließlich der Einwanderung verteidigen oder rekonstruieren lassen und dabei zugleich die wirt­schaftliche und politische Offenheit des Landes – wie auch insgesamt des europäischen Kontinents – bewahrt wird.


Der Vortrag im Video-Rückblick:
 


Über Udo di Fabio

Ehem. Richter des deutschen Bundesverfassungsgerichts (1999 bis 2011). Er war Kommunal­verwaltungsbeamter, Richter beim Sozial­gericht, promovierte in Rechts­wissenschaften und Sozial­wissen­schaf­ten. Habilitation an der Universität Bonn 1993, anschl. Professor an den Uni­versitäten Münster, Trier und München. Seit 2003 ist er an der Universität Bonn. Das Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Aka­demie der Wissenschaften und Künste ist Autor u.a. von „Die Kultur der Freiheit“. [Foto: © Pietch]