2016 – Thema E – Richard Grasl


Medien Österreich 22 – der Versuch einer Skizze.

Digitale Innovationen sind die Grundlage für unser zu­künf­tiges Zusam­menleben und ausschlaggebend für unseren zukünftigen Wohl­stand. Der Medienbereich ist zu­­gleich Haup­tbetroffener, Vor­reiter und Mittler dieser Ent­­­wicklung: Es geht ebenso um ein geändertes Medien- und Informations­nutzungs­verhalten junger Generationen wie um neue Player, die auf den Markt drängen, um neue Geschäfts­modelle, die entstehen, um eine Verschmelzung linearer und nicht-linearer Angebote und um verstärkte Social Media-Integration. Die Innovations­pfeile kommen aus und fliegen in alle Richtungen. Flexiblere, elasti­schere und durch­lässige Modelle sind gefragt, um ein Inno­vations­klima zu schaffen. Die Digitali­sierung verändert nicht nur die Art, wie Medien funktionieren und wie wir Medien konsumieren, sondern auch nachhaltig das Nutzungs­ver­halten der Leser/Seher/Hörer/Innen. Information ist heute immer und über­all verfügbar, wir sind 24/7 online. Noch nie haben sich Nach­richten so schnell verbreitet wie heute. Die Frage ist, wie er­reicht öffentlich-rechtliche Aufklärung die Bevölkerung, die sich hauptsächlich online und social informiert. Wir alle müssen uns verändern, bevor wir verändert werden. Und was heißt das für den Struktur­wandel der Öffentlichkeit in eine Pluralität an Öffent­lichkeiten? Werden aus einer Ge­sell­schaft nun auch auf nationaler Ebene verschiedene „ein­gebildete Öffent­lichkeiten“, die sich vermehrt global und verstärkt entlang spezialisierter Interessen bilden und immer weniger als eine auf einem Staatsgebiet konstituierte gesellschaftliche Einheit wahrnimmt? Und was bedeutet das für öffentlich-rechtliche Medienanbieter wie den ORF, der auf genau diese Staatsgrenzen als konstitutives Element gesetzlich ausgerichtet ist und der nicht direkt über sie hinaus­­wirken kann, um Beitragszahler auch außer­halb der Staats­grenzen zu erreichen? Wie lassen sich zukünftig Öffent­lich­keiten bilden, in denen sich die globale „polis“ eines Landes ein Bild macht und austauscht? Der öffentlich-rechtliche Rundfunk 4.0 muss zum digitalen Innovator werden. Dieses neue Selbstverständnis vom trend-follower zum trend-setter bedeutet, den öffentlich-recht­lichen Auftrag in neue, digitale Medienwelten zu gießen. Unsere Nutzer müssen auch in den neuen Kanälen erreicht werden können, um unseren öffentlich-rechtlichen Auftrag auch weiterhin er­füllen zu können. Dazu muss der ORF eine aktive Rolle in der Entwicklung von neuen digitalen Angeboten und Inno­vationen spielen können und wollen. Das gelingt jedoch nur mit neuen Denkweisen und Strategien.


Über Richard Grasl

Studium von Handels- und Betriebswirtschaft in Wien, parallel dazu Redakteur und später auch Fernsehmoderator und Chef vom Dienst beim ORF Niederösterreich. 1999 Wechsel in die „Zeit im Bild 2“-Redaktion und stv. Leitung der Innenpolitik. Ab 2002 Chefredakteur des ORF Landes­­studios NÖ. Seit 2010 ist er Kaufmännischer Direktor des ORF und führte das Unternehmen bereits im ersten Jahr wieder in die Gewinn­­zone. Schwerpunkt ist u.a. die Digitaloffensive. [Foto: © ORF Thomas Ramstorfer]