Relevanz hinterfragen!
Fünf Themen also sollen im Rahmen von „Österreich 22“ verhandelt werden. Fünf wie es scheint klar abgegrenzte Themen. „Kunst und Kultur“ allerdings ist eine Querschnittsmaterie, die wie ein Zuckerguss über allen anderen Fragestellungen liegt. Oft wurde in Österreich bereits die identitätsbildende Kraft von Kunst und Kultur strapaziert, jahrelang im Begriff „Musikland Österreich“, ab der Jahrtausendwende als Museumsstandort oder zuletzt als Filmland. Die Marke Österreich – der USP der Marke – ist im Kern das kulturelle Selbstverständnis, welches aus einem historischen Erbe stammt und auch historische Bilder bedient. Mehr oder weniger erfolgreich wird dieses Erbe verwaltet, immerhin bringt es der Volkswirtschaft auch Geld. Viel Geld. Direkt aber auch über die immer wieder freudig als Argument für öffentliche Zuschüsse ins Feld geführte Umwegrentabilität. Kultur ist in Österreich ein Wirtschaftsfaktor. Ob Kultur und Kunst auch den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel abbildet oder sogar mitgestaltet, sei dahingestellt.
Der gesellschaftliche Wandel stellt nun aber selbst die Traditionen der Förderpolitik in Frage und die öffentlichen Ausgaben für Kunst und Kultur unterliegen einer Prüfung, weil es höhere Prioritäten gibt. Die Ausgliederung der großen Kulturtanker zu Beginn des Jahrtausends hat zudem die Aufmerksamkeit auf die Organisationen und deren Exponenten gelenkt. Zu kurz kam und kommt die Diskussion um die Inhalte und die Leistungen von Kunst und Kultur als Sensor, als Motor, als Lebensmittel. Es hat den Anschein, dass nicht mehr die künstlerischen Inhalte Gegenstand von Verhandlungen sind, sondern die Institutionen selbst im Zentrum des medialen Interesses stehen.
Können traditionelle Kultureinrichtungen überhaupt noch mit dem Wandel Schritt halten? Verlieren wir unser Publikum und dadurch Rechtfertigung für Subventionen? Wie weit darf Kunst elitär sein und eine Minderheit auf Kosten der Gesellschaft bedienen? Gibt es auch im Kulturbereich eine Polarisierung – stark subventionierte Repräsentationskultur für die Reichen versus Basiskultur, die den gesellschaftlichen Wandel abbildet? Kultureinrichtungen sind aufgefordert, mehr denn je die Relevanz des eigenen Tuns zu hinterfragen und neu zu definieren.