2016 – Thema B – Leopold Neuhold


Zukunft der Arbeit?

Von Jeremy Rifkin stammt die Prognose, dass der Mensch aus der Arbeitswelt ausscheiden wird wie einst das Pferd. Schon die Tatsache, dass das Pferd als „Instrument“ für die Gestaltung der Freizeit wieder in den Wirtschaftskreislauf eingefügt wurde, zeigt, dass es mit dem Ausscheiden so eine Sache ist. Die Frage stellt sich nämlich in die Richtung, aus welchem Sektor der Arbeit der Mensch ausscheidet. Zugegeben – es gibt fast menschenleere Fabriken, es gibt Pro­duktionsstätten, die von einer Handvoll Menschen be­trieben werden. Aber Menschen werden in einer Wissens­gesellschaft beispielsweise für die Konzeption neuer Pro­duktions­prozesse benötigt, für Dienstleistungen usw. So wäre es in früheren Zeiten etwa unvorstellbar gewesen, Beratungsleistungen als Arbeit zu fassen oder Coaching als eine wirtschaftlich hoch aktive Form von Tätigkeit.

Mit der Entwicklung der Industriegesellschaft hat sich aber eine Weichenstellung in die Richtung ergeben, nur abhängige Erwerbsarbeit, die bezahlt wird, als Arbeit zu definieren. Verschiedene Tätigkeiten wie die Stabilisierung der Menschen und die Verarbeitung ihrer psychischen Ansprüche wurden in die Familie oder ins soziale System verlegt, und verschiedene Tätigkeiten, die für die Zukunft unserer Gesellschaft von großer Bedeutung sind, werden nicht als Arbeit gewertet. Das hat zur Konsequenz, dass die Leistung, die von Personen in diesen Bereichen erbracht wird, nicht entsprechende Wertschätzung erfährt und deswegen besonders Frauen, die solche Leistungen er­bringen, ungerecht behandelt werden. Ein Beispiel: Wenn ich mich von meiner Frau scheiden ließe und sie dann anstellte, würde sie arbeiten. Jetzt arbeitet sie nicht.

Die Zukunft der Arbeit wird meines Erachtens in einem Arbeitsmix liegen, um erstens mehr Gerechtigkeit zu schaffen und dann die Grundlagen unserer Gesellschaft zu erhalten. Die Zukunft der Arbeit wird vielfältig sein, ohne dass alles zur Arbeit wird, sondern so, dass Arbeit ein wesentliches Moment der Entwicklung des Menschen bleibt und zunehmend mehr wird.


Über Leopold Neuhold

Leiter des Instituts für Ethik und Gesellschaftslehre an der Karl-Franzens-Universität Graz. Hauptforschungsgebiete: Wertewandel, katholische Gesellschaftslehre und moderne Gesellschaft, Sportethik. Zahlreiche Publikationen, u.a. „Wertwandel und Christentum“, 1988; „Religion und katholische Soziallehre im Wandel vor allem der Werte“, 2000, „Fußball und mehr... Ethische Aspekte eines Massenphänomens“, 2003. [Foto: © Sonntagsblatt]