// Mehr Tatkraft, weniger Vormundschaft //
Corona als Beispiel: Existenzielle Risiken waren uns bisher weitgehend unbekannt und wo sie dennoch auftraten, sicherte uns der Vollkasko-Staat Österreich dagegen ab. Das Spital hat 24 Stunden geöffnet. Bei Bergnot oder Herzinfarkt fliegt der Hubschrauber. Bei Krankheit, Firmenbankrott, Arbeitslosigkeit oder wenn der Hagel die Ernte vernichtet, gibt es Geld vom Staat.
Dieser Status quo wurde durch die Corona-Pandemie erschüttert. Zwar haben in der ersten Phase des Lockdowns die gewohnten Mechanismen geschmeidig funktioniert: Der Staat finanzierte Kurzarbeit und offerierte sogleich einen Corona-Hilfsfonds, einen Härtefallfonds, einen Familienhärtefallfonds, einen Fixkostenzuschuss, ein Wirtshauspaket, ein Kulturpaket und so weiter.
Doch wie geht es weiter? Man sollte meinen, dass die Überflussgesellschaft die Pandemie bewältigen kann. Jeder könnte überlegen, was er zusätzlich beitragen, wo er sich mehr als bisher anstrengen wird. Dann wäre noch immer für alle mehr als genug da. Aber das Verteilen von Lasten wird als Kulturbruch erlebt. Die Politiker appellieren nicht an unsere Tatkraft oder gar an unsere Verzichtsbereitschaft, sondern stempeln uns zu Opfern und rufen uns zu: Frage nicht, was du für dein Land tun kannst, sondern frage, was dein Land für dich tut.
Dass fast alle hier lebenden Generationen noch nie Mangel erleben mussten, ist zwar ein großes Glück. Aber der Übergang von Sorgenfreiheit zu Sorglosigkeit ist fließend. Es ist ja schon seit langem unglaublich unmodern, auf etwas zu verzichten, auf etwas zu warten, Vorräte anzulegen oder Reserven für Notzeiten zu bilden.
Vermutlich könnten wir mit Corona besser leben, wenn wir die Dimensionen zurechtrücken und unsere schlummernden Resilienzreserven heben. Dazu gehörte die Erkenntnis, dass wir fähig sind, Krisen ohne Vormund zu meistern. Eine Gesellschaft der Tatkräftigen und Zuversichtlichen wäre zu guter Letzt auch weniger anfällig für Irreführungen aller Art.