2018 – Stefan Thurner


Nur wer Sinn aus Daten ziehen kann, hat künftig eine Chance
Wir leben in einer Zeit der vollständigen, hochdimensionalen Datensätze. Daraus gesellschaftlich relevanten Sinn zu ziehen, ist alles andere als einfach. Es braucht hervorragende Leute, die für das 21. Jahrhundert ausgebildet wurden. Wo sind in Österreich die 5000 jungen Männer und Frauen, die das in den nächsten Jahren tun sollen? Ich sehe sie nicht. Und das ist ein echtes Problem: Denn wer mit Big Data nicht umzugehen weiß, wird in Zukunft eine Statistenrolle auf diesem Planeten spielen.
Wir brauchen eine Initiative, um Google & Co. etwas entgegensetzen und die voranschreitende Digitalisierung zum Wohle der Gesellschaft nutzen zu können. Mein bescheidener Vorschlag: Holen wir 200 handverlesene, super-kreative Up-to-date-WissenschaftlerInnen ins Land, die Besten der Besten ihres Faches, die im 21. Jahrhundert angekommen sind; mit dem Ziel, 2000 ebenfalls handverlesene und großzügig mit Stipendien ausgestattete intelligente junge Menschen in zeitgemäßen – und noch zu etablierenden – Institutionen im Umgang mit Daten in Österreich auszubilden. Klingt ambitioniert und ist anspruchsvoll. Aber aus Erfahrung mit den besten wissenschaftlichen Institutionen in aller Welt, darunter Oxford, Santa Fe Institute oder NTU Singapur, weiß ich: Nur so können wir ein Ökosystem von Leuten schaffen, die das Rüstzeug dazu haben, die Probleme des (21.) Jahrhunderts anzugehen. Alles andere ist meiner Meinung nach sinnlos und bringt uns aus unserer derzeitigen Statistenrolle nicht heraus.


Über Stefan Thurner

Studium der theoretischen Physik und der Wirtschaftswissenschaften in Wien. Seit 2009 erster Universitätsprofessor für die Wissenschaft Komplexer Systeme an der Medizinischen Universität Wien (Leiter der Section for Science of Complex Systems), weitere externe und Gastprofessuren. Seit 2015 Präsident des von ihm mitbegründeten Complexity Science Hub Vienna. Österreichischer „Wissenschaftler des Jahres“ 2018. [Foto: © Christine Knoll]