2018 – Anna Gamper


Föderalismus als Gleichgewicht für die Republik

2018 jährt sich der Gründungstag der Republik zum 100. Mal. Das Zentenarium bezieht sich aber auch auf den Bundesstaat Österreich, dessen Aufrechterhaltung gerade zu einer Zeit wesentlich erscheint, in der überbordender Zentralismus, aber auch Sezessionismus Europa zu schaffen machen. Die in Österreich häufig anzutreffende Föderalismuskritik übersieht dabei die eigentlichen Errungenschaften von Föderalismus als einem Prinzip des Kompromisses zwischen zwei Extremen, das distinkte Identitäten respektiert, aber gleichzeitig bündische Einheit zwischen ihnen schafft. Nicht grundlos bewegen sich Staaten in Europa und weltweit daher eher in eine dezentrale als zentralistische Richtung und etablieren sich föderale Systeme traditionell als liberale Demokratien. Weder Österreich noch andere Bundesstaaten – aber, worauf manchenorts vergessen wird, auch kein Einheitsstaat! – erweisen sich dabei als reine Idealformen, in denen kein Reformbedarf bestünde. Strukturbereinigungen der Kompetenzverteilung, der Abbau von Doppelgleisigkeiten, die Steigerung von Effizienz auf allen Ebenen sind große Vorhaben, die es nach wie vor umzusetzen gilt. Nicht notwendigerweise muss eine sinnvolle Föderalismusreform aber lediglich zu Lasten der Länder gehen. Vor allem die durch Föderalismus ermöglichte vertikale Gewaltenteilung und gegliederte Demokratie sind verfassungsstaatliche Werte, die nicht leichthin geopfert werden sollten.


Über Anna Gamper

Universitätsprofessorin am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck. Koordinatorin des Forschungszentrums Föderalismus, Mitglied des akademischen Senats, Mitherausgeberin der „Juristischen Blätter“, Vorstandsmitglied des Österreichischen Juristentags, Mitglied zahlreicher in- und ausländischer wissenschaftlicher Beiräte und Vereine. [Foto: © Privat]